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Traumatisierter Hund

Unfälle oder grobe Misshandlung können einen Hund psychisch traumatisieren. Wir haben hier wichtige Fakten für Sie zusammengestellt.

Was ist ein Trauma?

Beim Menschen wird Trauma (griechisch: Wunde, Mehrzahl: Traumata oder Traumen) definiert als belastendes Erlebnis, das von der Person nicht verarbeitet und bewältigt werden kann. Sie ist hilflos oder muss bemerken, dass alle unternommenen Versuche keine Lösung bringen. Traumata entstehen z. B. nach physischer oder psychischer Gewalt, nach schweren Erkrankungen oder Unfällen oder nach Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen. 

Ein Trauma lässt sich also beschreiben als seelische Verletzung nach einer überfordernden Situation. In diesem Sinne ist der Begriff auch auf Hunde anwendbar.

Wichtig: Mediziner sprechen auch bei einer körperlichen Verletzung von Trauma. In diesem Beitrag geht es aber nur um psychische Traumata.

Was kann einen Hund traumatisieren?

Eine Traumatisierung beim Hund kann z. B. in folgenden Umständen geschehen:

  • Verlust des Zuhauses bzw. der Mutter
  • Unfälle
  • Misshandlungen (auch im Training)
  • Tierarzt- oder Friseurbesuche
  • Transport
  • Eingefangenwerden (Straßenhunde)
  • Zwangsverpaarung (Zuchthündin)

Es kann sich um ein einzelnes oder mehrere Erlebnisse handeln. Auch systematische Gewalt, also fortgesetzte und geplante Gewalt zur Gefügigmachung eines Lebewesens, kann einen Hund traumatisieren.

Wichtig: Nicht jedes der aufgezählten Ereignisse muss ein Trauma beim Hund auslösen! Natürlich sind nicht alle Hunde traumatisiert, die beim Tierarzt waren. Es kommt vielmehr auf verschiedene Aspekte der Situation und des einzelnen Hundes an.

Was schützt meinen Hund vor einem Trauma?

Man bezeichnet die Fähigkeit, auch mit belastenden Momenten umgehen zu können als Resilienz. Sie lässt sich trainieren und hat zudem individuelle Wurzeln in der Welpenzeit. Außerdem gibt es genetische Anteile, die Hunde mehr oder weniger empfänglich für Traumata machen.

Wächst der Welpe behütet im Rahmen seiner Hundefamilie auf, erlebt er viel Zuwendung und Sozialisation sowie Gewöhnung an alltägliche Reize und Herausforderungen, wappnet ihn dies besser für belastende Erlebnisse. Er hat ein stabiles Selbstvertrauen und weiß, wo er Schutz und Hilfe findet.

Hunde, die isoliert oder vernachlässigt aufwachsen, zu früh ihre Mutter verlieren, um ihr Leben kämpfen müssen oder grob behandelt werden, starten hingegen schlechter in ihr Leben. Sie sind anfälliger für Stress und können weniger gut mit belastenden Situationen umgehen. Entsprechend steigert dies ihr Risiko, ein Trauma zu erleiden. 

Es sind aber deswegen nicht automatisch alle Straßenhunde traumatisiert, denn sie sind sozialisiert im Hunderudel. Es kommt allerdings häufig vor, dass sie in einer neuen und gänzlich anderen Umgebung Probleme haben, sich anzupassen (Wohnungshaltung, Alleinsein, Leinenführigkeit, etc.).

Selbstverständlich sollte einem Hund gegenüber keine physische oder psychische Gewalt ausgeübt werden. Die Grenze ist allerdings fließend, da wir nicht in unsere Vierbeiner hineinschauen können. Was den einen Hund schon sehr belastet, gehört für den anderen zum normalen Verhalten dazu. Und manche Dinge lassen sich nicht vermeiden: Ist der Hund schwer erkrankt und muss operiert werden, sollte dies natürlich nicht unterlassen werden!

Traumatisierter Hund: Symptome

Traumatisierte Hunde zeigen verschiedene Symptome. Häufig treten Angst und Misstrauen auf. Sie können ständig im Übermaß vorhanden sein oder in ganz bestimmten Situationen auftreten. Traumatisierte Hunde sind z. B. permanent „auf der Hut“, sichern ständig ihre Umgebung oder reagieren sehr schreckhaft auf normale Geräusche o. Ä.

Reize wie Geräusche oder Gerüche fungieren als „Trigger“ – sie erinnern den Hund schlagartig an das belastende Ereignis und katapultieren ihn zurück in die damalige Situation, in der er sich hilflos und ausgeliefert fühlte. Dies passiert unbewusst und ist für den traumatisierten Hund erst einmal nicht kontrollierbar. Entsprechend unlogisch kann dies uns Menschen erscheinen: Das Geräusch einer Autohupe kann ebenso auslösend sein wie das Zischen von heißem Wasser auf der Herdplatte oder eine unbedachte Handbewegung.

Der Hund zittert, speichelt womöglich mehr, zeigt Unterwürfigkeitsgesten und / oder zieht sich zurück. Weitere mögliche Traumasymptome beim Hund sind Aggressionsverhalten, Unsauberkeit, Selbstverletzung und stereotype Bewegungsmuster wie das Jagen des eigenen Schwanzes.

Manche traumatisierte Hunde meiden bewusst bestimmte Situationen, um den Triggern zu entgehen, möchten z. B. den Trainingsplatz nicht betreten oder ins Auto steigen. Andere scheinen Alpträume zu haben, zappeln und schreien im Schlaf im Übermaß.

Traumatisierte Hunde zeigen bisweilen Schwierigkeiten in der Regulation ihrer Gefühle, reagieren also sehr stark auf Reize. Es kommt auch zu ambivalentem Verhalten gegenüber Bezugspersonen: Sie suchen die Nähe und gehen dann plötzlich wieder, spielen sehr grob oder zeigen eine verminderte Beißhemmung.

Es gibt aber auch die gegenläufige Entwicklung: Der traumatisierte Hund wechselt kurz nach dem traumatischen Ereignis in einen Zustand der verminderten Reaktion. Er interessiert sich weit weniger für seine Umwelt, für Spiele, Futter, Reize. Er verliert an Gewicht, schläft sehr viel und bewegt sich wenig. Auch Hunde, die ganz freundlich erscheinen und „gar nichts machen“ können größtem Stress ausgesetzt sein. Sie erstarren förmlich und hoffen, die Situation möge vorbeigehen.

Man bezeichnet diese Symptome als „Posttraumatische Belastungsstörung“, analog zur Erkrankung beim Menschen. Zwar lassen sich nicht alle Aspekte vom Menschen auf den traumatisierten Hund übertragen, aber zum Verständnis des Problems trägt dies bei.

Wann sollte ich zum Tierarzt?

Wenn Ihnen die oben beschriebenen Symptome an Ihrem Hund auffallen, suchen Sie bitte zeitnah einen Tierarzt auf! Es müssen natürlich nicht alle dort genannten Anzeichen auftreten oder es können sich noch weitere dazugesellen. Auf jeden Fall stellt dieser Zustand eine große Belastung für Ihren Liebling dar.

Der Tierarzt wird Ihren Hund ausführlich körperlich untersuchen. Denn manche der Symptome können auch körperliche Ursachen haben wie z. B. Schmerzen oder eine Stoffwechselstörung (Schilddrüsenunterfunktion). Außerdem sollten Sie ihm das Verhalten Ihres Hundes möglichst genau beschreiben. In der Regel ist nicht alles davon vor Ort in der Praxis sichtbar. Hilfreich sind auch Fotos oder Videos, die Sie in die Praxis mitbringen können. Sollten Sie darum wissen, was Ihren Hund traumatisiert haben könnte, erwähnen Sie es unbedingt. Bei Verhaltensproblemen sind immer auch Hintergrundinformationen zur Geschichte des Hundes interessant.

Manche Hunde sind derart gestresst, dass sie bereits im Vorfeld leichte angstlösende Medikamente benötigen oder z. B. außerhalb der Praxis untersucht werden müssen. 

Traumatisierter Hund Behandlung

Wenn körperliche Ursachen ausgeschlossen werden konnten und das Problem eingegrenzt wurde, kann mit der Behandlung begonnen werden. In der Regel ist ein Fachtierarzt für Verhaltensmedizin Ihr passender Ansprechpartner. Diese speziell ausgebildeten Tierärzte besitzen viel Wissen über Verhaltensweisen und Problemlösung bei unseren Haustieren. Ihr Haustierarzt hilft Ihnen gern bei der Suche nach einem qualifizierten Kollegen!

Wichtig: Je eher mit einer Verhaltenstherapie begonnen wird, desto besser lassen sich die Probleme in der Regel lösen. Je eingeschliffener die neuen Verhaltensweisen sind, desto langwieriger wird das Training.

Ist der genaue Trigger bekannt, der einem traumatisierten Hund besonders zusetzt, kann mit einem besonderen Training versucht werden, diesen Reiz Stück für Stück weniger bedrohlich werden zu lassen. Daneben können Änderungen im Tagesablauf, Einrichtung der Wohnung oder Verhaltenstraining z. B. beim Spaziergang hilfreich sein. 

Zur Unterstützung während der Behandlung, manchmal aber auch über einen längeren Zeitraum, helfen bisweilen Medikamente. Sie wirken z. B. angstlösend und geben dem Hund überhaupt Gelegenheit, sich zu entspannen und etwas Neues zu lernen.

Tipps für zu Hause

  • Geben Sie Ihrem traumatisierten Hund einen sicheren Rückzugsort, an dem er nicht gestört werden darf – weder von Ihnen noch von anderen Familienmitgliedern. Hier sollte er nie Stress oder Druck erleben, sondern wissen, dass er sich entspannen und sicher fühlen kann.
  • Stärken Sie das Selbstvertrauen Ihres Hundes! Was kann er besonders gut? Bauen Sie es immer wieder in den Alltag ein. Er ist eine prima Spürnase? Lassen Sie ihn öfter Dinge suchen, variieren Sie die Aufgabe. Wichtig ist das Erfolgserlebnis!
  • Geben Sie ihm das Gefühl, dass er mitgestalten kann, wie seine Umwelt sich verhält (etwa, dass er für erwünschtes Verhalten belohnt wird).
  • Am Ende einer Trainingseinheit oder bei einem unguten Ereignis im Alltag versuchen Sie immer, mit einem positiven Erlebnis zu schließen. So behält der Hund die Situation in besserer Erinnerung.
  • Finden Sie Dinge, die Ihnen gemeinsam Spaß machen. Lassen Sie das Trauma möglichst gedanklich hinter sich, um nicht übersteigert auf sein Verhalten zu reagieren. Stärken Sie stattdessen die gemeinsame Bindung.
  • Seien Sie konsequent. Dies gilt eigentlich für alle Tiere, aber für traumatisierte Hunde noch mehr. Ihr Vierbeiner muss sich auf Sie verlassen können. Handeln Sie vorhersehbar und ist der Alltag möglichst routiniert geordnet, ermöglicht ihm dies mehr Entspannung und Ruhe.

 

Traumatisierter Hund: Fazit

Auch Hunde können traumatisiert werden. Dies kann ihr Verhalten stark beeinflussen und einen hohen Leidensdruck auslösen. Wenn Sie gedämpftes oder übersteigertes Verhalten an Ihrem Hund wahrnehmen, konsultieren Sie bitte einen Tierarzt! Wenn Sie einen neuen Hund anschaffen, schauen Sie genauer hin: Wo kommt er her, wie ist er sozialisiert? Damit er in der neuen Lebensumgebung möglichst gut zurecht kommt.

 

©Anicura

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