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Parvovirose beim Hund

Die Parvovirose ist eine weltweit verbreitete, hochansteckende Infektionskrankheit von Hunden und Katzen, die unbehandelt meist tödlich endet. Bekannt ist sie auch unter der Bezeichnung Hunde- oder Katzenseuche.

Erreger

Bei der Parvovirose handelt es sich um eine Virusinfektion, die durch das Canine Parvovirus (CPV) beim Hund hervorgerufen wird. Der ursprüngliche Erreger CPV-2 wurde mittlerweile von 3 neueren Typen (Mutanten) abgelöst, namentlich dem CPV-2a, CPV-2b und CPV-2c. Für den Menschen sind alle Varianten ungefährlich.

Für seine Vermehrung ist das Virus von sich schnell teilenden Zellen des Wirtstieres abhängig. Dies sind v.a. die Kryptenzellen des Dünndarms, Knochenmarkszellen sowie lymphatische Zellen in Thymus und Milz.

Die Parvoviren zeichnen sich durch eine sehr große Stabilität in der Umwelt aus. Sie sind äußerst widerstandsfähig und bleiben bspw. Bei Zimmertemperatur im Kot mindestens 6 Monate ansteckungsfähig. Sie tolerieren einen pH-Bereich von 3 bis 11 und überleben Temperaturen von 70°C über 30 Minuten lang. Zur Abtötung sind spezielle Desinfektionsmittel erforderlich.

Übertragung

Das Virus wird von infizierten Tieren in großen Mengen mit dem Kot ausgeschieden. Die Ansteckung erfolgt in der Regel fäkal-oral durch kotkontaminiertes Futter, Gegenstände wie Spielzeug oder Kleidung. Auch eine Übertragung vom Muttertier auf seine ungeborenen Welpen ist möglich.

Empfänglich für eine Infektion sind in erster Linie Jungtiere sowie nicht oder nicht ausreichend geimpfte Hunde. Neugeborene erkranken meist nicht, da sie durch maternale Antikörper (= Antikörper, die vom Muttertier auf die Welpen übertragen wurden) geschützt sind. Nach einigen Wochen nimmt jedoch die Konzentration dieser Antikörper ab und die Jungtiere können erkranken, wenn sie noch keine eigene Immunität aufgebaut haben.

Außerdem scheinen einige Hunderassen häufiger betroffen zu sein. Zu diesen Rassen zählen u.a. Rottweiler, Dobermann Pinscher, Englische Springer Spaniel und Deutsche Schäferhunde. Der Aufenthalt in größeren Tiergruppen (in großen Zuchten, Heimen etc.) begünstigen eine Infektion.

Infektionsverlauf

Nach oraler Infektion befällt das Virus zunächst die Lymphknoten im Rachenraum und die Mandeln. Von dort aus breitet sich die Infektion auf das lymphatische Gewebe von Thymus und Darm und anschließend im ganzen Körper aus. Circa ab Tag 4 nach der Infektion ist das Virus in den Kryptenzellen des Dünndarms nachweisbar, die Virusausscheidung beginnt. Somit können sich bereits andere Tiere anstecken, obwohl noch gar keine Symptome beim infizierten Tier vorhanden sind. Das Virus wird dann für ca. 14 Tage ausgeschieden, selten länger. Die Inkubationszeit (= die Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten erster Symptome) beträgt in der Regel 7-14 Tage.

Symptome

Der Verlauf der Erkrankung ist meist akuter Natur. Die ersten Symptome sind oft unspezifisch. Inappetenz, Anorexie, Apathie und Fieber gehören dazu, gefolgt von Erbrechen und Durchfall. Diese können sehr schwerwiegend sein. Der Kot kann verdautes (Meläna) oder frisches Blut enthalten. Vereinzelt werden aber auch perakute Verläufe beschrieben, bei denen plötzliche Todesfälle ohne vorherigen Durchfall auftreten.

Durch den hochgradigen Flüssigkeits- und Elektrolytverlust bei massiven gastrointestinalen Symptomen und der Verweigerung von Futter- und Wasseraufnahme kommt es schnell zu einer schwergradigen Dehydratation bis hin zum Volumenmangelschock. Die Infektion von Knochenmark- und lymphatischen Zellen führt zur Zerstörung der Vorläufer von roten und weißen Blutkörperchen und in der Folge zu Blutarmut (Anämie) und einem Mangel an weißen Blutzellen (Leukopenie), was gleichbedeutend mit einer Schwächung des Immunsystems ist. Blutverlust durch Blut im Kot und ein erhöhter Verbrauch von Abwehrzellen im Darm verschlimmern die Lage zusätzlich.

Im Dünndarm bewirken die Viren eine Zerstörung der befallenen Zellen und ermöglichen, in Kombination mit der bereits bestehenden Immunsuppression, ein Übertreten von Darmbakterien oder Toxinen in die Blutbahn. Eine Blutvergiftung (Septikämie, Endotoxämie) und Absiedlung von Bakterien in anderen Organen (z.B. Lunge, Leber) ist die Folge, nicht selten mit fatalem Ausgang.

Diagnose

Die Diagnosestellung stützt sich auf das Signalement (u.a. Alter, Impfstatus, Herkunft etc.), die klinischen Symptome (Erbrechen, Durchfall), das Ergebnis einer Blutuntersuchung (Leukopenie) und den Virusnachweis im Kot. Hierzu werden zumeist Schnelltests verwendet, die in nahezu jeder Tierarztpraxis verfügbar sind und nach wenigen Minuten abgelesen werden können. Diese Tests sind im positiven Fall sehr verlässlich, falsch-positive Ergebnisse kommen aber bis zu 2 Wochen nach einer Impfung mit Lebendimpfstoffen vor. Fällt der Test negativ aus, schließt das eine Infektion jedoch nicht mit Sicherheit aus. Fehlerquellen sind die nur vorübergehende Ausscheidung der Viren oder das Vorhandensein neutralisierender Antikörper im Kot sein, die die Viren binden und im Test somit nicht nachweisbar sind. Weitere Möglichkeiten der Diagnostik sind ein Antikörpernachweis im Blut, der aber eher zur Überprüfung des Impfschutzes als zur Diagnosestellung genutzt wird sowie molekularbiologische Nachweismethoden (PCR). Schließlich können die Parvoviren im Kot durch eine elektronenmikroskopische Untersuchung gefunden werden, welche aber nicht überall verfügbar ist.

Behandlung

Leider existiert keine spezifische antivirale Therapie. Unabdingbar sind zuoberst strenge Hygienemaßnahmen und die Separierung des erkrankten von anderen Tieren. Die Therapie umfasst intravenöse Infusionen zum Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolytverlusts, die Gabe von Breitspektrum-Antibiotika zur Verhinderung einer Ausbreitung von Bakterien, von Antiemetika zur Verhinderung von Erbrechen und von Schmerzmitteln. Da durch die Schädigung der Darmwand auch sehr viel Eiweiß verloren geht, müssen zur Verhinderung von Ödembildungen häufig spezielle Infusionslösungen (kolloidale Lösungen) verabreicht werden. Ein besonders wichtiger Bestandteil der Therapie ist die möglichst frühe enterale Ernährung. Da die betroffenen Patienten in der Regel nicht selbständig fressen, müssen sie zwangsgefüttert oder über eine Sonde ernährt werden. Auch Immunpräparate gehören zur Standardtherapie. Außerdem kann die Transfusion von Blutprodukten oder Vollblut (z.B. bei Anämie) indiziert sein. Schließlich sollten Medikamente zur Entwurmung verabreicht werden, sobald die Patienten nicht mehr erbrechen.

Komplikationen

Ein häufiges Problem stellt der Eiweißverlust über die geschädigte Darmwand dar. Dieser kann zur Bildung von Ödemen und / oder Flüssigkeitsergüssen in die Körperhöhlen führen. Er limitiert auch bisweilen die eigentlich zum Ausgleich der hohen Verluste nötige aggressive Infusionstherapie. Des Weiteren können Darminvaginationen auftreten, die in aller Regel eine chirurgische Intervention erforderlich machen. Die am meisten gefürchteten Komplikationen sind jedoch sicherlich die Septikämie und die DIC (= Disseminierte intravasale Koagulopathie, ein lebensbedrohlicher Zustand, bei dem es durch übermäßig stark ablaufende Blutgerinnung im Gefäßsystem zu einem Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und somit zu erhöhter Blutungsneigung kommt).

Prognose

Die Prognose ist abhängig von diversen Faktoren, u.a. dem Alter, der Rasse, dem Vorliegen von Begleitinfektionen, dem Immunstatus und dem Auftreten von Komplikationen. Ganz entscheidend aber ist, ob und wie das betroffene Tier behandelt wird. Während ohne Behandlung nur ca. 10% der Hunde überleben, werden bei intensivmedizinischer (stationärer) Therapie Überlebensraten von 90% und mehr erreicht.

Prophylaxe

Da das Virus ubiquitär verbreitet und sehr widerstandsfähig ist, ist die einzige Möglichkeit, sein Tier vor einer Infektion zu schützen, die Impfung. Die StIKo Vet (Ständige Impfkommission Veterinärmedizin) nennt in ihren Leitlinien die Parvovirose-Impfung bei Hunden eine Core-Komponente, d.h. eine, gegen die jedes Tier zu jeder Zeit geschützt sein muss. Die aktuelle Empfehlung zur Impfung beinhaltet die Grundimmunisierung mit einer Impfung im Alter von 8, 12 und 16 Lebenswochen und einer Wiederholung im Alter von 15 Lebensmonaten. Anschließend werden Auffrischungsimpfungen alle 3 Jahre empfohlen. Die häufigeren Impfungen in den ersten Lebensmonaten sind auf das Vorhandensein maternaler Antikörper zurückzuführen. Diese verhindern eine erfolgreiche Impfung (also Ausbildung einer schützenden Immunität) durch Neutralisierung des Impfvirus. Da die Menge der maternalen Antikörper und somit die Dauer ihres Vorhandenseins i.d.R. unbekannt ist, sind zusätzliche Impfungen nötig. Nach der 16. Lebenswoche sind allerdings keine maternalen Antikörper mehr zu erwarten. 

 

© Dr. Nina Bitzinger, Fachtierärztin für Kleintiere, Oberärztin Station, AniCura Kleintierspezialisten Augsburg, Mai 2017

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