Im Thorax von Hund und Katze gibt es an allen Lokalisationen (Brustwand, Lunge, Herz, Mediastinum) eine Reihe von Tumoren. Die sich über die Blutbahn insbesondere in der Lunge ansiedelnden embolisch- metastatischen Tumore haben eine schlechte Prognose. Demgegenüber können die selteneren primären Lungen- tumore bei frühzeitiger Diagnose und adäquater Therapie einen günstigen Verlauf haben und, vor allem bei den Karzinomen, mit einer normalen Lebenserwartung verbunden sein. Hierfür sind die großzügige chirurgische Exzision und die auf die Zellart abgestimmte zytostatische Therapie von entscheidender Bedeutung.
Vorkommen
Angesichts fehlender großer Erhebungen kann die Morbidität nur auf 16 Fälle auf 100.000 Hunde/Jahr und 3 auf 100.000 Katzen/Jahr geschätzt werden. Von den ca. 24.000 im Jahre 1980 an den Hochschulen in den USA und Kanada untersuchten Haustiertumoren entfielen die meisten Lungentumore auf den Hund (221), deutlich weniger auf die Katze (27), auf das Rind (9) und auf das Pferd (3). Primäre Lungentumore treten beim Hund durchschnittlich mit 9, bei der Katze mit 11 Jahren auf. Vor Ende des 5. Lebensjahres wurden bei keinem Patienten Lungentumore diagnostiziert. Während anaplastische Karzinome gehäuft mit 6-8 Jahren auftreten, sind Adenokarzinom-Patienten deutlich älter. Beim Berner Sennenhund kommt eine größere Zahl von malignen Histiozytomen in der Lunge vor.
Klinisches Bild, Symptome
Die Symptome sind abhängig von der Lokalisation, dem Wachstum, der Tumorzellart, vorausgegangenen Lungenerkrankungen und der Wahrnehmung des Besitzers. Vor allem langsam wachsende Tumore verursachen über Monate bis Jahre hinweg keine oder nur unspezifische und geringe Symptome, während schnell wachsende Tumore oft nach kurzer Zeit zum Tod führen können. Die Lunge verfügt nur über eine kleine Anzahl an Reaktionsmustern. Daher sind die klinischen Symptome vieler Lungererkrankungen gleich unspezifisch: Husten, Dyspnoe, schleimiger Auswurf, z.T. mit schlierigen Blutbeimengungen oder sogar tiefroter Auswurf. Häufig beschränken sie sich auf Fieber, Gewichtsverlust, Inappetenz und auffällige Atemgeräusche.
Bei Mensch und Tier stellt die hypertrophe pulmonäre Osteopathie das wichtigste paraneoplastische Syndrom dar. Etwa ein Sechstel der an primären oder sekundären Lungentumoren erkrankten Tiere weisen vor allem an den Unterarmen oder den Pfoten z.T. umfangreiche periostale knöcherne Auflagerungen auf, die im Röntgenbild eindeutig zu identifizieren sind. Darüber hinaus werden nicht selten erheblicher Gewichtsverlust und Muskelschwund festgestellt. Bei einem Hund mit Lungenkarzinom wurde eine Neuropathie und Paraplegie beschrieben.
Drei Röntgenaufnahmen (dorsoventral/ventrodorsal und von beiden Seiten) in maximaler Inspiration bei leerem Magen erhöhen die Trefferquote und bieten damit die Chance der möglichst frühen Diagnose. Je nach Lungenstruktur sind Knoten ab 5-10 mm darstellbar. Deshalb gibt es die Diagnose „tumorfrei“ nicht. Bei tumorverdächtigen Lungenveränderungen sollten stets multiple Massen, eine Lymphadenopathie und Flüssigkeitsansammlungen in Thorax und/oder Abdomen gesucht werden.
Ein interstitielles Verteilungsmuster kleiner gut abgesetzter Knötchen von 2 bis 10 mm Durchmesser in der Lunge ist ein Hinweis auf hämatogen gestreute Metastasen eines Primärtumors, auf ein pulmonäres Lymphom oder Tochtergeschwulste eines primären Lungentumors. Alveoläre Knoten sind weniger gut umschrieben, deutlich schlechter sichtbar und charakteristisch für ein Bronchialzellkarzinom. Knötchen oder gar Massen (mit einem Durchmesser von mehr als 4 cm) können verkalken und in ihrem Zentrum große Höhlen bilden. Durch die Kompression des umliegenden Lungengewebes sind die Grenzen größerer Massen im Röntgenbild nicht immer klar feststellbar. Sie erscheinen dadurch deutlich größer.
Höhlen bildende Veränderungen haben gewöhnlich eine dicke Wand, die eine rauhe innere Oberfläche aufweist, und ein Zentrum mit unterschiedlich großen Aufhellungen. Meistens handelt es sich um primäre Plattenepithelkarzinome, seltener um Metastasen.
Erfolgt die Ausbreitung der Tumorzellen intrapulmonär lymphogen, so bilden sich lineare Schatten von 2 mm Breite oder mehr. Jede Verkalkung intrapulmonaler Knötchen weist auf einen eher gutartigen Prozess hin.
Bronchiogene Tumoren stellen sich in der Regel als solide, röntgendichte, alleinstehende Massen dar, die gelegentlich von kleinen Knoten flankiert werden. Häufig befinden sie sich in Hilusnähe. Bronchioalveoläre Knoten findet man dagegen häufiger als einzelne Knoten am Lappenrand oder als zahlreiche Knötchen unterschiedlicher Größe über das ganze Organ verteilt.
Endoskopie
In 40-80% der Fälle erlaubt eine zytologische Untersuchung des Bronchialwashes eine endgültige Tumordiagnose. Die Proben werden mittels Spülung mit NaCl entweder durch den Arbeitskanal eines Endoskopes oder durch einen großen Venenkatheter gewonnen. Hierbei sind größere, zentral gelegene Tumoren einfacher abzuklären als rein alveoläre, noch kleine Veränderungen. Auch aus Pleurapunktat können sehr gute zytologische Präparate hergestellt werden. Liegen große Mengen Erythrozyten (> 100.000/μl) oder eine Lymphozytendominanz vor, ist auch dies ein starkes Argument für das Vorliegen eines Tumors.
In manchen Fällen lässt die Bronchoskopie sogar den direkten Blick auf Tumore zu und ermöglicht über einen Arbeitskanal eine Zangenbiopsie. Bei raumfordernden Prozessen kann sie die Kompression bis zu Segmentalbronchien nachweisen.
Differentialdiagnose
Wie das abgebildete Chondrosarkom zeigt, ist die Erkennung und Differenzierung intrathorakaler Tumore von der akribischen Diagnostik abhängig. Abszesse, Granulome, Mykosen, Herzwürmer, Oesophagusdivertikel, Hiatushernien und andere Erkrankungen im Thorax müssen differenziert werden.
Therapie
Die chirurgische Entfernung von Lungentumoren ist zunächst die Therapie der ersten Wahl. Sie erfolgt durch eine interkostale Thorakotomie, die einen guten Zugang zu den Bronchien und Hilusgefäßen erlaubt. Für die Entfernung peripherer Massen genügt eine partielle Lobektomie, während bei hilusnahen oder sehr großen Tumoren die Lobektomie vorzuziehen ist. Rechts können bis zu zwei, links drei Lappen ohne Funktionsbeeinträchtigung entfernt werden. Während der Operation werden die regionalen Lymphknoten sorgfältig kontrolliert und im Zweifelsfall entfernt. Metastasierte Tumoren eignen sich jedoch nicht mehr für eine chirurgische Intervention, da so gut wie immer zahlreiche Mikrometastasen belassen werden, die umgehend zu Rezidiven führen.
Die meisten primären wie auch sekundären Lungentumore lassen sich durch Kombinationstherapien mit den Zytostatika Cisplatin, Doxorubicin, Mitoxantron, Cyclophosphamid oder 5-Fluorouracil günstig beeinflussen. Melanome und Haemangiosarkomesindrecht chemotherapieresistent. Bei Entfernung primärer Lungentumore sollte stets eine Chemotherapie angeschlossen werden, da vor allem die radiologisch noch nicht sichtbaren Mikrometastasen gut auf eine Therapie ansprechen. Wird ein Osteosarkom in entfernten Körperregionen operiert, sollte stets eine Chemotherapie vorgenommen werden, da zum Zeitpunkt der Operation meistens bereits Mikrometastasen in der Lunge vorliegen.
Prognose
Für die Beurteilung der Prognose ist neben dem Staging die Zellqualität von großer Bedeutung. Bei Tumoren von mehr als 5 cm Durchmesser, erheblichen klinischen Beschwerden, Ausbildung eines paraneoplastischen Syndroms oder Stadien von höher als T1N1M0 ist die Prognose vorsichtiger zu stellen.
Adenokarzinome der Lunge haben eine bessere Prognose als Plattenepithelkarzinome oder anaplastische Karzinome. Für die ersten beiden muss die zytostatische Therapie auch weniger aggressiv geführt werden. Hunde und Katzen mit histologisch gut differenzierten Tumoren haben deutlich längere Überlebenszeiten und beschwerdefreie Intervalle als solche mit mäßig differenzierten Tumoren oder mit Tumoren mit vielen Teilungsfiguren. Auch Hunde mit Mammatumormetastasen können lange Überlebenszeiten haben, wenn die Lungentumoren noch klein sind.
© Dr. Staudacher, AniCura Aachen