Allergien treten bei Hund und Katze häufig auf. Wie beim Menschen sind Überempfindlichkeiten z. B. gegenüber Hausstaubmilben, Baum- und Gräserpollen, aber auch Futtermitteln, Schimmelpilzen oder Flohstichen (Flohspeichel) Ursache für Juckreiz, Hautrötungen, Augenentzündungen oder Atembeschwerden. Juckreiz kann am ganzen Körper oder speziellen Stellen auftreten. Die Tiere kratzen und beißen sich vor allem im Gesicht, an den Pfoten, unter den Achseln, in den Leisten oder am Bauch. Durch das Belecken der juckenden Stellen fällt häufig eine braune Verfärbung des Fells durch den Speichel auf. Gelegentlich wird Augenausfluss, Nasenausfluss oder Rückwärtsniesen beobachtet. Betroffen sind in der Regel Tiere, die älter als 6 Monate sind. Der Juckreiz beginnt oft im Alter von 1-3 Jahren.
Diagnose
Jede Therapie muss mit einer verlässlichen Diagnose beginnen. Der Feststellung des Allergieauslösers muss daher besondere Aufmerksamkeit gelten. Hierfür werden in der Klinik nach einer ausführlichen Anamnese verschiedene Bluttests und/oder Intrakutan-Tests durchgeführt.
Therapie
Steht der Allergieauslöser fest, wird man versuchen ihn zu vermeiden. Vor allem bei Antigenen, die mit der Nahrung aufgenommen werden, kann dies durch spezielle Diäten gelingen. Sogar eingeatmete Antigene kann man teilweise vermeiden: Ein Schimmelpilzallergiker sollte sich nicht in feuchten Räumen aufhalten, Futter- und Vorratsmilben lassen sich vermeiden, wenn auf Feuchtfutter zurückgegriffen wird. Die Konzentration von Hausstaubmilbenantigenen kann man zumindest reduzieren, indem auf Teppiche verzichtet und Kissen und Matratzen dicht überzogen werden. Decken werden heiß gewaschen oder tiefgefroren.
Andere Antigene, z.B. Pollen, kann man kaum vermeiden. Es kann aber eine Immuntherapie (Hyposensibilisierung) vorgenommen werden. Der Therapieerfolg ist bei saisonalen Allergien deutlich besser als bei Allergien, deren Beschwerden das ganze Jahr über mehr oder weniger gleichmäßig auftreten. Die besten Erfolge hat eine Immuntherapie zu Zeiten, in denen der Patient möglichst geringe oder gar keine allergischen Beschwerden hat. Er soll dem auslösenden Antigen zum Zeitpunkt der Immuntherapie möglichst nicht ausgesetzt sein.
Die wässrige Immuntherapielösung wird für jeden Patienten
individuell hergestellt und enthält genau die Allergene, gegen die im Test eine Sensibilisierung nachgewiesen worden ist. Statt falscher Abwehrstoffe, die Allergiereaktionen auslösen, soll das Immunsystem durch die Gabe anfangs niedriger, später langsam steigender Konzentrationen normale Abwehrstoffe bilden. Diese Stoffwechseländerung benötigt Zeit und gelingt oft nicht vollständig.
So bessern sich bei etwa 60% der Patienten die Beschwerden
deutlich. Es werden bei diesen Tieren deutlich weniger Arzneimittel benötigt, um die Allergie zu beherrschen. In Abhängigkeit vom Antigen wird etwa ein Drittel der Patienten beschwerdefrei. Eine völlige Heilung ist dies aber nicht, weil die Neigung zur überschießenden allergischen Stoffwechselreaktion auch bei diesen Patienten erhalten bleibt. So können sie sich im weiteren Leben wieder verschlechtern oder eine Allergie gegen andere Stoffe erwerben.
Langfristige Behandlung
In der Regel dauert es 1-2 Monate bis der Juckreiz abnimmt, vorausgesetzt die Folgen des Juckreizes (Hautentzündung) sind unter Kontrolle. Wenn keine Besserung der Symptome zu sehen ist, sollte die Behandlung trotzdem 4-6 Monate fortgesetzt werden, bevor eine endgültige Bewertung stattfindet. In der Regel wird eine Immuntherapie über einen Zeitraum von 2-3 Jahren durchgeführt. Anfangs erfolgt die Behandlung ambulant in der Klinik, nachdem der Tierhalter in die Therapie eingeführt wurde, setzt er sie zuhause fort.
Die Immuntherapie ist eine vielfach erprobte und sichere Behandlungsmethode bei Allergikern. Ein enger Kontakt zwischen dem behandelnden Tierarzt und dem Tierhalter ist dabei jedoch besonders wichtig. Der Tierhalter soll das Verfahren verstehen und beherrschen lernen. Zu Beginn sind nach der Injektion der Lösung leichte allergische Reaktionen wie Hautrötungen und Quaddeln möglich. Aber auch bei erfolgreichem Therapieverlauf können ein neues Antigen, geringgradiger Flohbefall oder eine Futterumstellung ausreichen, um wieder einen heftigen Rückfall auszulösen. Bei jeder Verschlechterung während oder auch nach Abschluss der Therapie ist ein Gespräch mit dem behandelnden Tierarzt anzuraten.
Spricht das Tier nicht auf die Immuntherapie an oder ist eine solche Therapie von vorne herein wenig Erfolg versprechend, muss dem Tier auf anderem Weg Linderung verschafft werden. Dafür wird die überschießende Immunreaktion unterdrückt. Dabei soll die Infektabwehr aber so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Hierfür stehen Therapieprotokolle zur Verfügung, bei denen verschiedene Immunsuppressiva mit unterschiedlicher Wirkungsdauer verwandt werden. Soll z.B. die kurze Zeit des Birkenpollenfluges überbrückt werden, kann die einmalige Injektion eines Depotkortisons das Problem ohne wesentliche Risiken und Nebenwirkungen lösen. Je länger die zu überbrückende Zeit oder je schwerer die Hautveränderungen sind, desto komplizierter wird die Therapie. Dann kommen Spritzen- und Tablettenbehandlungen mit Behandlungspausen, intermittierende oder zeitweise ausschleichende Protokolle oder die Kombination mit oder alleinige Anwendung von anderen Immunsuppressiva wie Cyclosporin, Azathioprin, Cyclophosphamid o.a. zur Anwendung.
Allergien sind und bleiben auf mittlere Sicht schwere Erkrankungen, die nicht leicht zu behandeln sind. Dennoch gibt es brauchbare Konzepte, um dem allergisch reagierenden Patienten in enger Zusammenarbeit von Tierhalter und Tierarzt ein beschwerdearmes oder beschwerdefreies Leben zu ermöglichen.
© Dr. Staudacher, AniCura Aachen